Im OP werden oft Implantate verwendet. Doch nicht nur Brustimplantate, wie jetzt vielleicht der ein oder andere direkt denken würde. Es gibt ganz viele verschiedene Arten von Implantaten. Aufgrund eines neuen Beschlusses sollen jetzt auch alle Implantate, die man bisher im Sieb hatte, beispielsweise Platten oder Schrauben, einzeln steril angereicht werden.
Vorteil: man hat eine genauere Chargendokumentation und kann einen Materialfehler besser untersuchen. Der große Nachteil hierbei ist jedoch die Tatsache, dass sich die OP-Zeiten dadurch deutlich verlängern werden. Denn die Packungen müssen alle einzeln geöffnet werden – manche gehen wirklich nur sehr schwer auf – und das kostet sehr viel Zeit. Genaueres zum Umgang mit Implantaten werde ich jedoch im weiteren Verlauf erklären.
Implantate
Laut Definition wird jedes “künstliche” Material oder Produkt, welches dauerhaft oder über einen längeren Zeitraum im Körper verbleibt, als Implantat bezeichnet. Dabei kann es sich um körpereigene (beispielsweise Sehnen für eine Kreuzbandplastik), körperfremde (Präparate von Leichen oder Tieren) oder synthetische (Metall, Silikon, auch 3D-Drucke gibt es mittlerweile) Materialien handeln. Dabei gibt es viele unterschiedliche Varianten und Funktionen von Implantaten. In jeder Fachabteilung können Implantate am Patienten angebracht werden. Ich möchte Euch im Folgenden einen kleinen Überblick geben was hierzu zählt.
Unfallchirurgie/Orthopädie
Ich würde behaupten, dass hier mit am meisten Implantate verwendet werden. Diese reichen von Schrauben und Platten bis hin zu ganzen Prothesen. Meist kann man sich die Platten und Schrauben so wie in einem Baumarkt vorstellen. Nur sehr viel teurer.
Die Prothesen und deren Bestandteile sind meist aus Titan, Polyethylen , Cobald-Chrom oder Keramik.
Implantate und Prothesen können hier an den Extremitäten wie dem Schien- oder Wadenbein, aber auch an Wirbelsäule oder dem Becken angebracht werden. Die Gelenke können durch die jeweiligen Prothesen ersetzt werden. Es gibt auch körpereigene sowie körperfremde Implantate. Hierzu zählen beispielsweise die Verwendung einer eigenen Sehne als Ersatzplastik für das vordere Kreuzband oder aber tierisches/menschliches Knochenersatzmaterial.
Neurochirurgie
Hier gibt es ebenfalls viele Implantate. Wie in der Unfallchirugie können auch in der Neurochirurgie beispielsweise Platten und Schrauben verwendet werden. So unter anderem bei der Stabilisierung einer Wirbelkörperfraktur oder aber um den Knochendeckel nach einer Craniotomie wieder anzubringen.
Wurde im Rahmen der Craniotomie die Dura mater stark in Mitleidenschaft gezogen oder muss diese aufgrund einer tumorösen Veränderung mit entfernt werden, ist eine Ersatzplastik zwingen notwendig. Diese Ersatzplastik kann auf synthetischer, aber auch auf biologischer Basis sein. Je nach Größe des Defektes kann man auch Medikamente, die primär zur Hämostase (Blutstillung) entwickelt wurden, verwendet werden.
Die Neurochirurgie verbinden sicherlich viele mit Tumoroperationen, aber auch mit Shunt-Operationen. Und diese Shuntsysteme sind natürlich auch Implantate. Man kann diese Systeme frei programmieren, es gibt aber auch schon bereits programmierte Varianten. Ähnlich wie bei einem Shunt gibt es auch andere Schlauchsysteme, die man durch ein kleines Bohrloch in den Schädel legen kann. So gibt es beispielsweise Katheter zum Ablassen einer Hirnblutung oder Liquoransammlung (Spüldrainagen, externe Ventrikelkatheter), oder aber Systeme zur Messung des Hirndrucks.
Aneurysma. Dies ist auch ein Begriff mit dem sicherlich einige etwas anfangen können. Liegt eine solche Gefäßveränderung im Gehirn vor, muss dieses entweder durch Clipping oder Coiling dringend behandelt werden. In diesen Fällen werden also beispielsweise minimalinvasiv bei einer Angiographie kleine platinbeschichtete Metallspiralen in das Aneurysma gesetzt (Coiling). Ist dies nicht möglich, muss eine OP am offenen Gehirn erfolgen, wobei der Chirurg kleine Titanclips am Aneurysma anbringt.
Wie Ihr jetzt wahrscheinlich merkt, gibt es in der Neurochirurgie doch einige Implantate. Ich habe es hier etwas ausführlicher beschrieben, weil man es sich hier einfach nicht so gut vorstellen kann wie beispielsweise in der Unfallchirurgie.
Gefäßchirurgie
Da wir eben ja bereits den Begriff Angiographie hatten, möchte ich als nächstes die Gefäßchirurgie aufgreifen. Denn diese arbeitet auch eng mit der Angio zusammen.
Oft werden hier Drahtgeflechte (wobei dies meist mehr in Richtung Kardiologie geht) in die Gefäße eingebracht. So beispielsweise wenn ein, wie eben bereits erwähnt, Aneurysma vorliegt. Dieses kann es nicht nur in den Hirngefäßen geben, sondern beispielsweise auch in der Aorta. Je nach Größe und Ausmaß kann hier ein sogenannter Stent eingebracht werden.
Ist das Aneurysma zu groß, dann muss es offen chirurgisch entfernt werden. In diesem Fall muss man jedoch eine Gefäßprothese aus Kunststoff an die resezierte Stelle eingebracht werden. Bei kleineren Gefäßen, die beispielsweise größere Defekte aufweisen, kann man sogenannte Patches (“Flicken”) anbringen. Diese Patches können etweder aus körpereigenem, körperfremden oder aber aus tierischem Material stammen.
Wie Ihr an dieser Stelle vielleicht bereits gemerkt habt, kann man in jeder Fachabteilung körpereigene, körperfremde, tierische, synthetische oder metallische Materialien als Implantate einbringen. Daher denke ich, dass dieser kleine Überblick reichen sollte und wir uns nun dem genaueren Umgang mit Implantaten im OP widmen.
Umgang mit Implantaten im OP
Bei der Verwendung von Implantaten im OP gilt es einiges zu beachten. Was genau werde ich Euch jetzt im weiteren Verlauf auflisten.
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Vor der OP:
Informieren, wo die benötigten Implantate liegen und ob die Größen, die benötigt werden, vorrätig und auch noch haltbar sind. Es gibt nichts schlimmeres für einen Chirurgen, beispielsweise während einer Endoprothesen-OP, wenn er eine Größe ausgemessen hat, diese jedoch nicht mehr vorrätig ist. Denn dann ist bei dem Operateur das MacGyver Talent gefragt und er muss irgendwie improvisieren, damit der Patient bestmöglich versorgt wird. Stellt Euch vor, dieser hat nur durch ein solches Fehlen zwei stark unterschiedlich lange Beine! Das wird zwar kein Chirurg machen, aber es wäre aufgrund eines solchen Fehlers möglich. -
Während der OP:
Als Springer seid Ihr also während der Operation dafür verantwortlich, die benötigten Materialien schnellstmöglich Eurem Instrumentierenden anzureichen. Dafür müsst Ihr das jeweilige Implantat zunächst dem Operateur zeigen, damit die Richtigkeit sichergestellt ist. Dem Instrumentierenden solltet Ihr auch immer noch mal die Implantate zeigen, bevor Ihr sie öffnet.
Ich halte dafür immer gerne meine Finger so, dass mein Gegenüber direkt lesen kann, um welche Größe und Material es sich handelt und idealerweise auch noch das Verfallsdatum. Denn darauf solltet Ihr auch unbedingt achten. Implantate sind meistens sehr sehr lange haltbar/steril. Aber durch unsachgemäßes Einräumen oder auch bei Größen, die eher selten verwendet werden, kann es durchaus mal vorkommen, dass das Haltbarkeitsdatum abgelaufen ist. Das sollte man idealerweise auch vor der Operation und nicht erst währenddessen überprüfen. -
Anreichen der Implantate (Springer):
Wie eben bereits erwähnt ist es essentiell, dass Ihr die Implantate vor dem Öffnen den Kollegen zum Verifizieren zeigt. Im Anschluss könnt Ihr das Sterilgut öffnen. Dabei gibt es häufig eine Folie um einen Pappkarton. Diese öffnet man und findet dann das Implantat in ebenfalls zwei bis drei Plastiktüten eingeschweißt vor.
Hierbei ist es wichtig, dass Ihr beim Öffnen dieser Umverpackungen genau darauf achtet, ob jetzt die erste oder zweite Tüte bereits als steril gekennzeichnet ist. Viele haben einen roten Punkt zur Kennzeichnung, dass der Inhalt nach dem Öffnen dieser Tüte als steril gilt und für den Instrumentierenden gedacht ist (ich hoffe das war halbwegs verständlich).
Der Instrumentierende nimmt das jeweilige Implantat je nach Verpackung entweder mit einer Klemme entgegen oder zieht es direkt mit der Hand aus der Folie. Prothesenimplantate haben meist eine kleine Lasche wo “Peel” drauf vermerkt ist. Diese kann man immer besser beispielsweise mit einer Peanklemme greifen und vorsichtig heraus heben. Dabei bitte unbedingt immer die andere Hand als Schutz unter dem Implantat lassen. Falls die Klemme abrutschen sollte habt Ihr so nämlich das Implantat gerettet und es ist nicht auf den Boden gefallen. Denn die 3-Sekundenregel gibt es nicht wirklich 😛 -
Anreichen der Implantate (Instrumentierender):
Als Instrumentierender solltet Ihr die Implantate an der Operateur immer mit möglichst wenig Kontakt weiterreichen. Also mit der Non-Touch-Technik. Dafür könnt Ihr beispielsweise die Verpackung eines Hüftschaftes öffnen, diesen aber nicht extra herausnehmen. Ihr haltet also die Verpackung inklusive des Schaftes fest in der Hand und reicht sie die Operateur so an, sodass er sich den Schaft direkt aus der Verpackung ziehen kann.
So kann das Komplikationsrisiko nämlich auch deutlich minimiert werden. Denn wie heißt es so schön? Viele Köche verderben den Brei. Und so ist es auch bei den Implantaten. Gehen diese durch zu viele Hände und alle haben die Chance Keime darauf zu hinterlassen, so steigt das Risiko einer Infektion oder Wundheilungsstörung deutlich. Denn manchmal haben wir auch alle mikroskopisch kleine Löcher in den Handschuhen, die uns nicht direkt auffallen. Daher gilt auch besonders vor dem Einbringen einer Endoprothese: Handschuhwechsel! Um eben das Risiko so klein wie möglich zu halten. -
Dokumentation:
Wie ganz zu Beginn erwähnt, gibt es seit neustem die Vorschrift, jedes Implantat ganz genau zu dokumentieren. Einige Kliniken hatten bisher beispielsweise Platten und Schrauben nach einer Sprunggelenksfraktur gar nicht in der OP-Dokumentation vermerkt. Einige haben lediglich die Länge der Platte hinterlegt, wiederum andere haben die REF von Platte und dazugehörigen Schrauben dokumentiert. Das reicht jetzt nicht mehr aus.
Jetzt muss jedes Implantat ganz genau nachvollziehbar sein. Dazu wird alles ganz genau mit REF und LOT, sowie dem Verfallsdatum in der OP-Dokumentation hinterlegt. Somit hat man eine ganz genaue Beweisgrundlage, falls es beispielsweise gehäuft mit diesem Implantat Probleme geben sollte.
Der Patient bekommt bei Implantaten, die sehr lange im Körper verbleiben, auch einen Implantatepass – beispielsweise bei einer Endoprothesenoperation. Dort muss logischerweise auch jedes Implantat vermerkt sein. Ebenfalls werden diese auf dem Dokumentationszettel des Patienten vermerkt. Wir schreiben auf diesem Zettel zum Beispiel auch immer alle Instrumente, die verwendet wurden, sowie das OP-Set auf. Auch hier gibt es von Klinik zu Klinik deutliche Unterschiede. Manche dokumentieren auf diesen Zetteln alles was angereicht und verwendet wird, wiederum andere Kliniken besitzen diese Zettel schon gar nicht mehr und machen alles elektronisch. -
Bestellungen:
Dann ist es natürlich noch wichtig, dass die verwendeten Implantate möglichst schnell nachbestellt werden. Besonders wenn man diese immer nur in geringen Ausführungen vorliegen hat und mehrere Operationen mit diesem Implantat in den nächsten Tagen geplant sind. Das gilt übrigens auch für die Materialien, die zum Einbringen der Implantate benötigt werden. Also zum Beispiel Sägeblätter, Drähte, Bohrer, Pins uvm. die man immer extra anreichen muss, wenn man das dazugehörige Implantat verwenden möchte.
Falsches Implantat
Hat man nun doch das falsche Implantat angereicht, obwohl alle zugestimmt hatten, dieses doch nicht passen sollte oder es runter gefallen sein sollte, gibt es hierbei auch einige Regeln, die zu beachten sind. Hat man ein Implantat, zum Beispiel eine Titanplatte, in den Knochen verschraubt und nach der Röntgenkontrolle feststellen müssen, dass diese doch zu kurz/lang sein sollte, so darf diese nicht wieder sterilisiert werden.
Denn alles was schon mal im Patienten verwendet wurde und nicht passt muss verworfen werden. Das Risiko einer Komplikation bei einer Wiederverwendung an einem anderem Patienten wäre einfach zu groß. Hat man das Implantat jedoch nur angehalten, weil es auf den Sieben zum beispiel keine Schablone dafür gibt, es aber nicht die richtige Größe hat, so kann man dieses resteriliseren und wiederverwenden.
Wichtig hierbei ist jedoch, dass dieses Resterilisieren auch von der Firma her erlaubt ist. Andernfalls wird diese bei einem Problem mit diesem wiederverwendetem Implantat keine Haftung übernehmen.
Wie immer hoffe ich, dass Euch dieser Beitrag gefallen hat und falls noch Fragen offen sein sollten, könnt Ihr mir diese jederzeit stellen.
Eure franzi 🙂
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