Physiotherapiestudium und -ausbildung im Vergeich

Hallo Ihr Lieben,

da ich in der letzten Zeit nur noch recht selten zum Schreiben komme, habe ich mir etwas Neues für Euch einfallen lassen. Ihr sollt Euch ja schließlich regelmäßig an neuen Beiträgen erfreuen und nicht allzu lange auf einen warten müssen.

Deshalb habe ich mir ein paar Gastautoren gesucht, die mich hierbei unterstützen und so beispielsweise auch einen Einblick in den eigenen Beruf geben können, sowie Vor- und Nachteile gegenüber anderen Ausbildungsgängen nennen können. Eines der besten Beispiele, neben dem Vergleich zwischen einer OTA und einer OP-Pflegekraft natürlich (muss ich ja als OTA an dieser Stelle erwähnen), ist dies der Unterschied in der Ausbildung zum Physiotherapeuten. Denn man kann sowohl über eine Ausbildung, als auch durch ein Studium den Weg in diesen Beruf finden. Ich für meinen Teil wusste beispielsweise gar nicht, dass es einen Physiotherapiestudiengang gibt.

@medstudent_tibia ist meine erste Gastautorin mit abgeschlossenem Physiotherapie Studium und kann Euch somit alle Fragen beantworten! Die im Folgenden genannten Erfahrungen basieren auch auf Informationen, die ich von Ihr erhalten habe. Falls Ihr Ergänzungen haben solltet, weil Ihr beispielsweise an einer anderen Universität gelernt habt oder gar die Ausbildung absolviert habt, immer her damit. Ich werden den Beitrag damit dann selbstverständlich updaten.

 

Medical check at the legs in a physiotherapy center. Free Photo
People photo created by javi_indy – www.freepik.com

Die Physiotherapie

Für die Vollständigkeit möchte ich noch einen kleinen Einblick zur Physiotherapie generell geben. Wie alle medizinischen Berufe, ist auch die Physiotherapie maßgeblich an dem Genesungsprozess eines Patienten beteiligt. Wer im Bekanntenkreis schon mal die ein oder andere Verletzung oder auch Operation erleben musste, der wurde sicherlich schon mal mit der Physiotherapie, früher auch Krankengymnastik genannt, konfrontiert.

Mittels spezifischer Trainings- und Behandlungsmethoden unter Zuhilfenahme unterschiedlicher Medizinprodukte soll die Bewegungs- und Funktionsfähigkeit des angeschlagenen Körpers wieder deutlich verbessert werden – idealerweise natürlich in den normalen gesunden Zustand zuvor.

Physiotherapie bedeutet also nicht sich einfach auf einen Tisch zu legen und ordentlich massieren zu lassen. Es bedeutet harte, körperliche Arbeit, bei der man auch an seine persönlichen Grenzen gebracht wird. Durch regelmäßiges Training ist es so beispielsweise möglich, dass man nach einem schweren Unfall, wodurch man zunächst stark eingeschränkt in der Fortbewegung war, irgendwann wieder normal gehen kann.

Bisher ist die Ausbildung zum Physiotherapeuten meist rein schulisch, das heißt es gibt keine Ausbildungsvergütung und man muss in manchen Fällen sogar noch Schulgeld (zu den normalen Kosten für Bücher etc.) zahlen. 2019 wurde dies jedoch geändert, da man scheinbar die Wichtigkeit des Berufes erkannt hat, wodurch man jetzt eine Ausbildungsvergütung erhält.

 

Unterschied Ausbildung – Physiotherapiestudium

Als Student wird man hinsichtlich der Studienlage, Krankheitslehre, Physiologie und ärztliche, beziehungsweise chirurgische Interventionen mehr geschult. Man wird also dazu befähigt sich mit wissenschaftlichen Materialien auseinanderzusetzen. Im Physiotherapiestudium wird das Augenmerk auf evidenzbasierte Heilkunde gelegt. Also auf Therapiemaßnahmen, die empirisch erforscht wurden. Daher wurden manuelle Techniken, beispielsweise Massagen, eher oberflächlich behandelt. Die Betreuung durch die Dozenten findet hier eher weniger zufriedenstellend ab. Lediglich einmal pro Praxiseinsatz werden die Tätigkeiten genauer unter die Lupe genommen.

Die Anleitung der Auszubildenden scheint deutlich besser zu verlaufen, da sie teilweise bis zu viermal von den Dozenten in den Praxiseinsätzen besucht werden. So bekommen Sie nicht nur einen Praxisanleiter, sondern auch einen Dozenten zur Seite gestellt und können besser auf den Berufsalltag vorbereitet werden. Zudem sind sie deutlich besser geschult hinsichtlich der manuellen Techniken, da die Evidenz hier nicht im Vordergrund steht.

Die Ausbildung ist sowohl physisch, als auch psychisch sehr fordernd. Man muss ein umfangreiches anatomisches Wissen haben und daher beispielsweise jeden einzelnen Muskel kenne. Inklusive Behandlungsmethoden beispielsweise bei einer Verletzung eben dieser wissen. Die Behandlungen erfordern teilweise auch sehr viel Kraft, denn nicht jeder Patient ist leicht wie eine Feder und da kann selbst eine Unterstützung bei Gehübungen sehr anstrengend werden.

 

Equipment for rehabilitation in interior of physiotherapy clinic. Free Photo
Medical photo created by javi_indy – www.freepik.com

Alltag im Physiotherapiestudium

Der folgende Bericht bezieht sich auf die Erfahrungen von meiner Gastautorin*

Ein normaler Tag an der Universität beginnt in der Regel um 8 Uhr morgens mit zwei Vorlesungen. Im Anschluss folgt dann meist ein sportlicher Teil auf dem Sportplatz oder im Kraftraum. Der praktische Teil des Studiums kann allerdings auch im Bewegungslabor oder in sogenannten „Skills Labs“ erfolgen. Dort soll die Theorie auch in der Praxis geübt und umgesetzt werden. Vor 16 Uhr ist ein Uni-Tag selten vorbei.

Hier gibt es vor Ort keine Anwesenheitspflicht, aber auch keine Semesterferien, so wie es in anderen Studiengängen der Fall ist. Denn in dieser Studienfreien Zeit findet der Einsatz in den Praxen und Kliniken statt – jedoch ohne Bezahlung. Im zweiten Studienjahr gab es lediglich 10 freie Tage, wobei frei hier ein relativer Begriff ist. Denn in diesem Zeitraum mussten auch noch Hausarbeiten verfasst werden. In den anderen Jahren hatte man „immerhin“ 14 Urlaubstage, allerdings musste auch hier wieder Hausarbeiten geschrieben werden.

Das Klischee eines Studenten mit viel Freizeit und langen Semesterferien sucht man im Physiotherapiestudium also vergebens.

Während der Praxisphasen kommen auch hier Dozenten vorbei – jedoch seltener als in der Ausbildung. Auch im Studium wird die Praxis am Patienten überprüft, mit dem Unterschied, dass es hierbei nicht um Noten, sondern um eine Reflexion der ausgeübten Tätigkeiten geht.

 

Physiotherapiestudium oder -ausbildung?

Was ist besser was ist schlechter? So genau kann man das nicht beantworten. Alles hat seine Vor- und Nachteile. Im Studium geht es mehr um die Wissenschaft und Studien, in der Ausbildung hingegen um die Praxis. Also die Arbeit am Patienten. Das soll jedoch nicht heißen, dass Studenten weniger Praxis haben – sonst müssten sie, wie eben im Bericht erwähnt, beispielsweise auch nicht ins Bewegungslabor.

Das Studium ist sehr fordernd und durch die Hausarbeiten mit einem deutlichen Mehraufwand verbunden. Viel Freizeit, geschweige denn eine Bezahlung, sucht man hier vergebens. Besonders viel Freizeit gibt es in der Ausbildung auch nicht, allerdings hat man hier die vom Gesetz vorgegebenen Mindesturlaubstage und bekommt seit Neuestem auch eine Entlohnung für seine Arbeit.

Ein weiterer Nachteil am Studium ist die Tatsache, dass dieses – trotz Fachkräftemangels – zulassungsbeschränkt ist. Das heißt, Ihr braucht für dieses Studium die Allgemeine Hochschulreife mit einer Note von mindestens 1,8. Allerdings kann man auch über Umwege zu diesem Studienplatz gelangen, beispielsweise mit Fachabitur oder man bildet sich ergänzend und berufsbegleitend weiter. Unterschiedlichste Fernuniversitäten bieten hier Bachelorstudiengänge mit verschiedensten Schwerpunkten an.

Wer das Studium erfolgreich abgeschlossen hat, wird jedoch meist nicht mehr Geld verdienen als jemand mit abgeschlossener Ausbildung – ein weiterer Nachteil des Studiums. Ich will das Studium jedoch nicht schlecht reden. Denn für diejenigen, die wissbegierig sind und auch über den Tellerrand hinausschauen wollen, ist das Physiotherapiestudium die richtige Wahl. Hier erlernt man einfach auch, gewisse Themen zu hinterfragen und sich mit diesen genauer auseinanderzusetzen. Ist man sowieso an der Forschung und Weiterentwicklung therapeutischer Maßnahmen interessiert, dann ist das Studium ebenfalls die richtige Wahl! Des weiteren bietet das Studium auch die Möglichekeit, im Ausland in diesem Beruf zu arbeiten, mit Staatsexamen durch die Ausbildung ist dies aktuell noch nicht möglich.

 

Ich hoffe ich konnte Euch einen kleinen Einblick in beide Bereiche geben und Ihr könnt Euch so ein besseres Bild machen. Falls noch Fragen offen sein sollten, dann scheut Euch nicht und kontaktiert ruhig meine Informationsgeberin 😉

 

Habt noch einen schönen Abend,

 

Eure franzi 😊

 

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