Infusionstherapie

Hallo Ihr Lieben,

nach langem Warten folgt endlich wieder ein fachlicher Beitrag: Die Infusionstherapie. Da ich mich auf diesem Fachgebiet nicht ganz so gut auskenne, hat sich die liebe Lotte dazu bereit erklärt Euch dieses Thema etwas näher zu bringen. Habt viel Spaß beim Lesen und Dazulernen 🙂

Sowohl in der Anästhesie, als auch im stationären/ambulanten Bereich, spielt die Infusionstherapie eine zentrale Rolle. Hierbei wird über einen Venenzugang Flüssigkeit appliziert – vor allem um Flüssigkeits- & Volumendefizite auszugleichen, doch sie dient ebenfalls als Trägerlösung. Damit ein optimales Ergebnis erzielt werden kann, ist es wichtig, dass sowohl die Indikationsstellung als auch der Umgang mit Infusionen gelernt sei. Eine wesentliche Voraussetzung stellt dabei das Wissen über die physiologischen Grundlagen des menschlichen Wasserhaushaltes.

Physiologie

Unser Körper besteht zu mehr als 60% seines Körpergewichtes aus Wasser. Dieses verteilt sich auf zwei Kompartimente – den Intrazellulärraum (ca. 40%) und den Extrazellulärraum (ca. 20%). Der IZR beschreibt dabei die gesamte Flüssigkeit innerhalb der Zellen. Der EZR teilt sich dabei nochmal auf in den Intravasalraum (Plasmavolumen im Blutgefäß, ca. 5%) und den Extravasalraum (außerhalb Zellen & Blutgefäße, ca. 15%). Alter, Gewicht, Geschlecht und der Körperbau haben jedoch einen maßgeblichen Einfluss auf die Verteilung, sodass es auch zu Abweichungen kommen kann.

Reguliert wird der Wasserhaushalt über spezielle Rezeptoren – sogenannte Osmorezeptoren – aber auch über das Durstgefühl und die Ausscheidung. Eine zentrale Rolle spielen hierbei Hormone, wie z.B. das ANP, ADH und RAAS – System. Physiologisch entspricht dabei die Gesamtzufuhr, die der Gesamtausfuhr.

Der tägliche Flüssigkeitsverlust setzt sich zusammen aus der Urinausscheidung und dem Wasserverlust über Atmung, Haut, Schleimhäute (= Perspiratio insensibilis). Der Bedarf dagegen lässt sich nicht exakt berechnen, man sagt aber, dass er zwischen 25 und 40ml/kg/KG bei Erwachsenen betragen soll. Kinder haben einen erhöhten Bedarf. Beeinflussende Faktoren währen beispielsweise Alter, Vorerkrankungen, akute Erkrankungen, klimatische Bedingungen & sportliche Aktivitäten.

Grundlagen der Infusionstherapie

Indikationen:

  • Ausgleich Volumen- (Hypovolämie) & Flüssigkeitsverluste
  • Medikamentenapplikation (z.B. Katecholamine, Heparin)
  • Parenterale Ernährung
  • Transfusion von Blutprodukten
  • Wiederherstellung des Säure Basen – & Elektrolythaushaltes
  • Osmotherapie


Zeichen eines Flüssigkeits- & Volumenmangels:

  • Kopfschmerzen, Benommenheit, Durst
  • Hypotension, Tachykardie
  • trockene Haut, stehende Hautfalten, Schwäche
  • Labor: Hämatokrit und Base Excess erniedrigt, Lactat erhöht, SO2 unter 70%
  • eingefallene Halsvenen, Ödeme
  • Aszites, Pleuraerguss


Zugänge:

  • Peripherer Venenverweilkatheter (PVK) à langsame & kontinuierliche Infusionen, Gabe nicht venenreizender Medikamente
  • Zentralvenöser Katheter à Gabe konzentrierter Lösungen, schnellere Laufrate, hohe Infusionsvolumina
  • Shaldon – & High-Flow- Katheter à kritischer Volumenmangel mit drohenden Schock, Dialyse
  • Portkatheter à schlechten Venenverhältnissen, regelmäßige Medikamentengabe,
  • Intraossärer Zugang à Notfall
  • Subkutan à Dehydrierung (v.a. in Pflegeeinrichtigungen)

Infusionsarten und deren Überwachung

Grundsätzlich wird zwischen zwei Arten unterschieden – den kristalloiden und kolloidalen Infusionslösungen.

Erstere sind Elektrolyt- oder niedermolekulare Kohlenhydratlösungen, die frei durch die Kapillarmembran diffundieren können und von denen nach der Verabreichung höchstens ein Drittel im Gefäßsystem verbleiben. Sie dienen zur Deckung des Flüssigkeitsbedarfs, Ersatz bei Flüssigkeitsverlust und zur Korrektur des Elektrolythaushaltes. Es gibt drei Untergruppen: Elektrolyt-, Energielieferanten- & Aminosäurelösungen. Die Elektrolytlösungen gliedern sich dabei nochmals in isoton, hyperton und hypoton. Isoton bedeutet, dass der osmotische Druck in etwa der des menschlichen Blutplasmas entspricht (ca. 270-310mosl/l). Meist kommen Vollelektrolytlösungen zum Einsatz. Diese haben eine ähnliche Konzentration der Elektrolyte wie das Blutplasma – der einzige Unterschied ist, dass sie deutlich mehr Chlorid-Ionen besitzen. Bei einer leichten Hypovolämie und als Flüssigkeitsersatz stellen sie die erste Wahl dar. Beispiele aus der Praxis sind – Jonosteril, Ringerlösung, Ringer-Acetat und Sterofundin. Isotonische Kochsalzlösung (NaCl 0,9%) dagegen wird heutzutage meist nur noch als Trägerlösung eingesetzt.

NaCl ota-franzi.de

Zu den energieliefernden Lösungen zählen Kohlenhydratlsg. und Fettemulsionen. Glucose enthält keine Elektrolyte, weshalb sie sich als „freies Wasser“ schnell im Intrazellularraum ausbreiten. Des Weiteren benötigt es Insulin um verstoffwechselt zu werden, sodass hiervon ausreichend zur Verfügung stehen muss. Je nach Indikation gibt man 5,10,20 oder 40% Glucose. Besondere Vorsicht ist jedoch geboten, da eine Glucosetherapie zu Lungen- & Hirnödem führen kann! Fettemulsionen dagegen sollen den Bedarf der essenziellen Fettsäuren abdecken. Hiervon benötigt man pro Tag ca. 1-2g. Bei akuten Gerinnungsstörungen, Sepsis, Schock, Diabetes mellitus, Fettembolien, Leberinsuffizienz, Myokardinfarkt & Apoplex sollte allerdings auf Emulsionen verzichtet werden!

Die letzte Gruppe bilden die Aminosäurelösungen. Diese werden im Rahmen der parenteralen Ernährung verabreicht und dabei immer mit Kohlenhydrat- & Fettlösungen kombiniert. Sie zählen außerdem zu den hypertonen Lösungen, weshalb sie über den ZVK verabreicht werden müssen. Weitere Beispiele für hypertone Lösungen – also mit einer Tonizität über 310mosmol/l sind NaCl 10% oder Glucose 20%). Hypotone Lösungen dagegen haben eine geringere Tonizität als das Blutplasma. Beispiele hierfür sind Glucose 5% oder NaCl 0,45%.

Glucose ota-franzi.de

Die kolloidalen Infusionslösungen beschreiben großmolekulare Flüssigkeiten, welche nicht so schnell die Difussionsbarriere durchdringen können. Dadurch steigt das intravasale Volumen, wodurch sie einen positiven Effekt bei größeren Volumenverlusten besitzen. Des Weiteren verbessern sie die Mikrozirkulation, weil sie die Fließeigenschaften des Blutes verbessern – vorteilhaft für den Schock. Jedoch stellen sie nur einen kurzfristigen Ersatz dar, da sie auch Nebenwirkungen mit sich bringen wie eine erhöhte Blutungsneigung – durch die veränderte Blutgerinnung – anaphylaktische Reaktionen oder Nierenversagen.

Wenn der kolloidosmotische Druck dem des Blutplasmas entspricht oder unter diesem liegt, spricht man von Plasmaersatzstoffen. Demzufolge sind sie hypo- oder isoonkotisch. Wenn er höher liegt (hyperonkotisch) bezeichnet man sie als Plasmaexpander. Gerade bei akuten Blutungen kommen kolloidale Infusionen wie HES-Lsg. (Voluven), Gelatine (Gelafusal) oder Humanalbumin zum Einsatz. HES- Präparate haben gefährliche Nebenwirkungen, wie Gerinnungsstörungen, Nephrotoxizität, allergische Reaktionen, weshalb eine Dosisbegrenzung beachtet werden sollte. Außerdem sollen sie ab dem 24. November 2023 nicht mehr in Deutschland zulässig sein.

Gelafusal ota-franzi.de

Um Komplikationen zu vermeiden ist es wichtig, dass die Ein- und Ausfuhr (=Bilanzierung) regelmäßig kontrolliert wird. Anhand der Diurese lässt sich die Ausscheidung beurteilen und kann gegebenfalls medikamentös gesteigert werden. Des Weiteren sollte der intraoperative Blutverlust berücksichtigt werden. Hämodynamisch lässt sich die Bilanzierung anhand der Herzfrequenz, des Blutdruckes, ZVD und sO2 beurteilen. Zur genauen Bestimmung dient für uns in der Anästhesie vor allem die Blutgasanalyse, da sie auch noch Aufschluss über die Elektrolyte & den Säure-Basen Haushalt gibt.

Zu den möglichen Komplikationen zählen die Hypervolämie, Störungen des Elektrolyt- & Säure-Basen-Haushaltes oder Hypothermie. Gerade bei einer größeren Verabreichung von Vollelektrolytlsg. kann es zu einer hyperchlorämischen Azidose kommen. Bei Ringer-Acetat dagegen zur Lactatazidose.

Abschließend lässt sich sagen, dass die Infusionstherapie einen fundamentalen Baustein in der Medizin darstellt. Allerdings sollte er nicht leichtsinnig hingenommen werden da viel mehr dahintersteckt, als man als Patient immer sieht.

Ich hoffe, dass ich euch mit dem Beitrag das Thema Infusionstherapie etwas näher beibringen konnte.

Eure Lotte 😊

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