Hallo Ihr Lieben,
heute möchte ich mit Euch über Leistenhernien sprechen. Denn gerade im Hinblick auf mögliche Prüfungen – sei es während der regulären Ausbildungszeit oder auch später bei den Abschlussprüfungen – ist dies ein sehr beliebtes Thema.
Was sind Leistenhernien?
Bei einer Leistenhernie handelt es sich um eine Ausstülpung des Peritoneums (Bauchfell) durch eine bereits vorhandene oder degenerativ (“altersbedingte”) erworbene Lücke in der Bauchwand im Bereich der Leiste. Diese Lücke wird auch Bruchpforte genannt. Bei der Ausstülpung des Peritoneums spricht man vom sogenannten Bruchsack. Dieser Bruchsack kann Baucheingeweide, also intraabdominelle Strukturen wie z.B. Darmanteile enthalten, die man als Bruchinhalt bezeichnet.
Beim Vorhandensein von Bruchinhalten, beispielsweise in Form von Darmanteilen, kann es schlimmstenfalls zu einer Einklemmung kommen. Dies hätte unter Umständen neben starken Schmerzen auch ein Absterben dieser Organanteile zur Folge. Anatomisch bedingt betrifft die Leistenhernie Männer deutlich häufiger als Frauen. Mit zunehmenden Alter steigt das Risiko eines im Volksmund besser bekannten Leistenbruch.
Leistenhernien äußern sich in der Regel durch eine Schwellung oder Vorwölbung im Leistenbereich. Meist empfinden die Betroffenen neben Schmerzen im betroffenen Bereich auch eine Art Fremdkörper-Gefühl. Sie lassen sich nach der Bruchform, dem Zeitpunkt und der Reponierbarkeit einteilen. Weitere Begriffe für die Leistenhernie sind: Hernia inguinalis, Inguinalhernie oder Leistenbruch.
Leistenhernien lassen sich in indirekte, direkte, sowie in Schenkel- und Skrotalhernien unterteilen.
Direkte (mediale) Leistenhernien
Hierbei handelt es sich um einen direkten Durchtritt des Bruchsacks senkrecht zur Bauchwand, der sich medial der epigastrischen Gefäße befindet. Dabei liegt die Bruchpforte im sogenannten Hesselbach-Dreieck, was eine physiologische Schwachstelle in der Bauchwand ist. Die direkte Leistenhernie ist immer erworben z.B. aufgrund eines Nachgebens der Bauchmuskulatur.
Indirekte (laterale) Leistenhernien
Wie der Name bereits verrät handelt es sich hierbei um einen indirekten Durchtritt des Bruchsacks durch die Bauchwand. Sie tritt am inneren Leistenring lateral der epigastrischen Gefäße auf. Die indirekte Leistenhernie kann sowohl erworben, als auch anatomisch und evolutionsbedingt angeboren sein.
Dies liegt unter anderem daran, dass sich beim männlichen Fötus der Hoden zunächst im Bauchraum befindet und erst später durch den Leistenkanal ins Skrotum (Hodensack) wandert. Verschließt sich der dadurch entstandene Kanal, beziehungsweise diese trichterförmige Ausstülpung nicht, kann es zu einer angeborenen indirekten Leistenhernie kommen. War diese Lücke bereits verschlossen und eröffnet sich im späteren Leben, handelt es sich um eine erworbene indirekte Leistenhernie.
Schenkelhernien
Bei einer Schenkelhernie liet die Bruchpforte unterhalb des Leistenbands, sodass der Bruch durch die Lacuna vasorum verläuft. Sie befindet sich also zwischen Leistenband und Beckenwand. Hierbei handelt es sich um eine erworbene Hernie, die vorwiegend bei älteren Frauen aufgrund einer Bindegewebsschwäche auftreten. Doch auch Männer können besonders nach einer offenen Leistenhernienoperation davon betroffen sein.
Skrotalhernien
Eine Skrotalhernie ist ebenfalls eine besondere Variante einer Leistenhernie. Hierbei reicht die Ausstülpung des Peritoneums bis ins Skrotum, was ebenfalls an dem durch den Abstieg der Hoden vom Bauchraum aus liegt.
Diagnostik
Neben einer ausführlichen Anamnese (Arzt-Patienten-Gespräch), in der die Beschwerden und Symptome, sowie familiäre Vorbelastungen besprochen werden, findet eine klinische Untersuchung statt. Hierbei erfolgt zunächst die Inspektion (“ansehen”) im Stehen und Liegen um die Vorwölbung genau vergleichen zu können. In ca. 10% der Fälle kommen Leistenhernien beidseitig vor, daher müssen beide Leistenregionen genau betrachtet werden.
Im weiteren Verlauf erfolgt die Palpation (“ertasten”), bei der auch die Reponierbarkeit der Hernie, sofern ein Bruchsack direkt tastbar ist, geprüft wird. Kann man den Bruchsack nicht tasten, wird der Patient zum Pressen oder auch Husten gebeten. Dieses Vorgehen wird auch Hustenanpralltest genannt. Dadurch wird der intraabdominelle Druck erhöht, was dazu führt, dass sich der Bruchsack vorwölbt und gegen die Finger des untersuchenden Arztes wölbt. Zur Diagnostik gehört auch der Ausschluss anderer Krankheitsbilder wie z.B. einer Hydrozele, Varikozele oder auch Schenkelhernie.
Wie werden Leistenhernien therapiert?
Lichtenstein
Hierbei handelt es sich um ein offenes Verfahren, bei dem die Hinterwand des Leistenkanals durch die Implantation eines Netzes zwischen Externusaponeurose und Internusmuskulatur verstärkt wird. Dieses retroaponeurotische Netz wird am Leistenband, sowie der Internusmuskulatur fixiert und liegt beim Mann hinter dem Samenstrang. Bei diesem Verfahren wird der Bruchinhalt reponiert, sowie der Bruchsack reseziert und verschlossen. Die OP kann sowohl in Allgemeinanästhesie (Larynxmaske, ITN, TIVA), als auch als Regionalanästhesie z.B. durch eine Spinalanästhesie erfolgen.
Shouldice
Bei der Leistenhernierenreparation nach Shouldice handelt es sich ebenfalls um ein offenes chirurgisches Verfahren. Wie bei dem Lichtensteinverfahren wird auch hier der Bruchinhalt reponiert, sowie der Bruchsack entfernt und verschlossen. Hierbei wird jedoch die Fascia transversalis gedoppelt und an das Leistenband fixiert um die Leistenwand zu verstärken. Es wird also kein Netz eingebracht. Der Eingriff kann ebenfalls mittels Vollnarkose oder Lokalanästhesie erfolgen.
TAPP
TAPP ist die Abkürzung für transabdominelle präperitoneale Hernioplastik. Bei diesem Verfahren handelt es sich um ein minimalinvasives (laparoskopisches) OP-Verfahren. Auch hier wird ein spezielles Netz aus synthetischem oder biologischen Material implantiert um die Hinterwand des Leistenkanals zu verstärken. Dafür ist ein Zugang in die Bauchhöhle erforderlich, damit das Peritoneum “von innen” inzidiert und somit der Bruchsack aus der Bruchpforte vorsichtig herausgelöst werden kann.
Somit ist es möglich die Hinterwand des Leistenkanals mit dem präperitoneal liegenden Netz verstärken. Der eröffnete Peritonealraum wird mit einer Naht – z.B. 3-0 V-Loc V-20 verschlossen. Beim Entfernen der Trokare muss der OP-Situs auf mögliche Verletzung der epigastrischen Gefäße inspiziert werden. Sie werden also nur unter Sicht entfernt. Der Eingriff erfolgt unter Allgmeinanästhesie.
TEPP/TEP
TEPP/TEP ist die Abkürzung für Totale extraperitoneale Hernioplastik. Dieses Verfahren findet ebenfalls minimalinvasiv bzw. laparoskopisch statt. Im Gegensatz zur TAPP wird hierbei jedoch der natürliche Gewebespalt zwischen Bauchdecke und Peritoneum ausgenutzt. Die Bauchhöhle muss also nicht eröffnet werden. Dadurch ist dieser Eingriff mit einem geringeren Risiko für Darmverletzungen aufgrund des Zuganges verbunden.
Nach dem Hautschnitt unterhalb des Nabels wird ein spezieller Ballon-Trokar eingebracht, der die Schichten zwischen Bauchdecke und Peritoneum schonend voneinander trennt. Im Anschluss wird in diesem Bereich Kohlenstoffdioxid für eine bessere Sicht insuffliert. Auch hier wird ein spezielles Netz zur Verstärkung über die Bruchpforte eingebracht. Im Vergleich zur TAPP ist dieses Verfahren technisch etwas anspruchsvoller.
OP-Indikation
- Elektiv: primäre Leistenhernie bei Patienten über 30 Jahren (Ausnahme kleine laterale Hernien), sowie Rezidive
- Notfall: inkarzerierte Leistenhernien
OP-Ablauf der Leistenhernienreparation nach Lichtenstein:
- Allgemeinanästhesie (ITN, TIVA, Larynxmaske) oder Regionalanästhesie (SPA)
- Rückenlage mit ausgelagerten Armen
- Operateur steht auf OP-Seite, Assistent & Instrumenteur gegenüber
- Desinfektion und Abdecken des OP-Gebietes
- Inguinaler Hautschnitt 2 Querfinger oberhalb des Leistenbandes
- Durchtrennung des Subkutangewebes bis auf die Externusaponeurose
- Spaltung der Externusaponeurose
- Darstellen und anschlingen des Samenstrangs, sowie lösen von der Fascia transversalis (direkter Bruchsack)
- Präparation sowie Identifikation des Bruchsacks
- Weiteres Vorgehen je nach Variante:
Versorgung von direkten Leistenhernien:
- Bruchsackeröffnung ist in der Regel nicht nötig
- Ein großer Bruchsack wird nach der Reposition an der Basis mit einer Naht umstochen und unter der Faszie versenkt
- Alternativ kann der Bruchsack mit einer fortlaufenden Naht gerafft werden
Versorgung bei indirekten Leistenhernien
- innerer Leistenring muss freigelegt und der Samenstrang verfolgt werden
- Eröffnung des Bruchsacks, sowie Reposition des Bruchinhaltes
- Verschluss der Bruchsackbasis mit einer Tabaksbeutelnaht
- Resektion des Bruchsacks
- Auswahl, ggf. anpassen und zurechtschneiden des Netzes (z.B. Parietex ProGrip)
- Fixieren des Netzes am Leistenband z.B. durch 2-0 Prolene bzw. Surgipro
- Neubilden eines inneren Leistenrings durch das Netz
- Fixierung des Netzes am M. obliquus internus z.B. durch 2-0 Vicryl oder Polysorb
- Schichtweiser Wundverschluss: Externusaponeurose, subkutan, Haut
- Wundverband
Die Zählkontrolle sollte natürlich nicht vergessen werden 😉
So viel zum Thema Leistenhernie! Ich hoffe Euch hat dieser kleine Beitrag gefallen und Ihr fühlt Euch mit meiner groben Zusammenfassung schon ein bisschen besser für Euren nächsten Einsatz oder gar Prüfung vorbereitet!
Eure franzi 🙂